Sehen Hunde ihre Umwelt schwarz-weiß?
Sie haben es wahrscheinlich schon erlebt: Sie werfen den orangefarbenen Ball Ihres Hundes auf die grüne Wiese. Aber aus irgendeinem Grund hat er nicht richtig aufgepasst und nicht gesehen, wo seine „Beute“ hinfiel. Sie animieren ihn – „Hol!“ – und zeigen ihm, wo der Ball liegt. Also rennt Ihr Hund los und sucht den Ball. Von Ihrer Stelle aus können Sie den Ball relativ gut sehen, obwohl Sie weiter weg sind, und Sie merken: Ihr Hund nimmt den Ball nicht so schnell wahr wie Sie.
Früher war die Annahme verbreitet, dass Hunde alles schwarz-weiß wahrnehmen, was in unserem Beispiel bedeuten würde, dass der Hund einen grauen Ball auf einer grauen Wiese suchen muss. Doch – wie man heute weiß – stimmt das nicht ganz: Hunde sind Dichromaten – mit diesem griechischen Begriff werden Lebewesen bezeichnet, die zwei verschiedene Arten von Farbrezeptoren in ihrer Netzhaut haben.
Hunde haben also – wie die meisten Säugetiere – zwei Zapfentypen. Zapfen sind konische Photorezeptoren in der Netzhaut (Retina) auf der Rückseite des Auges, die für die Farbwahrnehmung zuständig sind. Wissenschaftler konnten beweisen, dass das Hundeauge nur zwei Grundfarben erfassen kann: Blau und Gelb. Daraus ergibt sich, dass Hunde eine Rot-Grün-Schwäche haben.
Unser Ball auf der Wiese ist also ein gelber Fleck auf einer gelblichen Fläche! Darüber hinaus sehen Hunde aufgrund ihrer Augenform (eiförmig) nur in einem Abstand von 50 cm bis 6 Meter ausreichend scharf – liegt der Ball näher oder weiter weg, wird er unscharf erscheinen.
In der Dämmerung ist die visuelle Wahrnehmung des Hundes dagegen weit besser als unsere. Tatsache ist, dass das Auge des Hundes und anderer nachtaktiven Tiere (Katzen zum Beispiel), für das Sehen in lichtarmen Verhältnissen besser adaptiert ist. Dafür sind zwei biologische Faktoren verantwortlich: erstens eine zweite Photorezeptorenart in der Netzhaut, die Stäbchen, die für den Empfang der Lichtintensität sorgt, und zweitens eine hinter der Netzhaut liegende, reflektierende Schicht, das sogenannte Tapetum lucidum – das Licht spiegelt sich auf dem Tapetum und trifft erneut die Stäbchen. Und erhöht somit die Menge des empfangenen Lichtes, was beispielsweise das Jagen von Wild erleichtert, das in der Regel dämmerungsaktiv ist.
Diese wissenschaftliche Erkenntnis ermöglicht es uns also, die Kommunikation mit unseren Hunden zu verbessern: Farblich nehmen Hunde die Umwelt nicht wie wir wahr, und wenn uns das bewusst ist, können wir unser Handeln anpassen, bestimmte Situationen besser verstehen, adäquater Entscheidungen treffen und auch antizipieren. Je nach Zielsetzung können wir die Farbauswahl eines Spielzeug, der Geräte bei Agility oder des Apportierbeutels besser treffen.
Im Rahmen eines Mantrailing-Trainings ist beispielsweise ein blauer Apportierbeutel nicht erwünscht, da hier das Ziel ist, das Objekt mit dem Geruchsinn zu finden. Dagegen soll zum Beispiel bei Agility der Hund eine Hürde schnell wahrnehmen, weshalb es sinnvoll ist, für sie die Farbe Blau auszuwählen. In der Dämmerung wird Ihr Hund die Umwelt, speziell Bewegungen, schneller als sie erfassen, und dementsprechend schneller als Sie reagieren. Deswegen sollten Sie in diesem Fall aufmerksamer sein, besonders wenn ihr Hund ein stark ausgeprägtes Jagdverhalten zeigt!